Bisherige internationale und nationale Würdigungen des technischen Erbes von Johannes Winkler

Trotz zahlreicher internationaler und nationaler Würdigungen blieb Johannes Winkler als früher Raketenpionier und Theoretiker der Raumfahrt relativ unbekannt. Als Hauptursache dafür wird sein früher Tod im Jahre 1947 angesehen. Im Gegensatz zu anderen Raumfahrtpionieren konnte er nicht über seine ehemals geheimen Ideen und praktischen Erfolge in der Öffentlichkeit berichten. Sogar seine Berichte an die britischen Behörden 1947 blieben weitgehend unbeachtet. Weitere Ursachen sind die lückenhaften und mit Fehlern behafteten Erinnerungen von Rudolf Engel. Er hat andererseits dafür gesorgt, dass im Deutschen Museum die Raketen HW 1und HW 2 fast im Original ausgestellt wurden und sein Nachlass dort eingesehen werden kann. Auch stammen von ihm einige international beachteten Artikel. Die beachtenswertesten internationalen Würdigungen sind die Benennung eines Kraters auf der Mondrückseite, die auch anderen Raketenpioniere erhalten haben und die Aufnahme in die Space Hall of Fame.

Benennung eines Mondkraters auf der Rückseite durch die Internationale Astronomische Union im August 1970;
Koordinaten: 42 N, 179 W
WAC_GL180

Informationsstand über Johannes Winkler
in der Space Hall of Fame im USA-Staat New Mexico
Die Text der Würdigung von Johannes Winkler befindet sich auf Seite 272 der Biografie von Rudolf Guder „Astris…“

Ausgewählte nationale Würdigungen
A) Ehrentafel am ehemaligen Wohnhaus der Familie Winkler in Braunschweig

Johannes Winkler

geb. 29.05.1897 • gest. 27.12.1947

Von September 1939 bis zu seinem Tode im Dezember 1947 lebte hier, im Hause Bevenroder Straße 143, der deutsche Raumfahrtpionier Johannes Winkler. Er liegt auf dem Querumer Friedhof begraben.
Johannes Winkler wurde im Jahr 1897 in Bad Carlsruhe in Schlesien geboren. Er studierte Maschinenbau und Theologie in Danzig, Breslau und Leipzig. Naturwissenschaft und Technik, insbesondere jedoch die Erforschung von technischen Voraussetzungen für den Weltraumflug, wurden Johannes Winklers Hauptbetätigungsfeld. 1927 gab er die Zeitschrift „Die Rakete“ heraus und gründete den „Verein für Raumschiffahrt E. V.“ in Breslau und wurde dessen erster Vorsitzender.
Seine 1928 an der Technischen Hochschule in Breslau durchgeführten systematischen Messungen zu Schubverläufen an Feststoffraketen verhalfen zu der Erkenntnis, dass nur Triebwerke mit flüssigen Treibstoffen die für die Raumfahrt notwendigen Schubkräfte und Laufzeiten entwickeln könnten. 1929 holte der Flugzeug-Konstrukteur Prof. Hugo Junkers Johannes Winkler aufgrund seiner wissenschaftlichen Veröffentlichungen als Ingenieur an die Versuchsanstalt nach Dessau.
Die Entwicklung einer senkrecht startenden Rakete ist Johannes Winklers bleibendes Verdienst in der Raumfahrtgeschichte. Am 14. März 1931 gelang ihm mit seiner HW1 auf dem Exerzierplatz bei Dessau-Großkühnau der erste Flüssigkeitsraketenflug in Europa. Weitere Experimente folgten. Der Start seiner größeren und leistungsfähigeren Rakete HW 2 schlug 1932 jedoch fehl und konnte wegen fehlender Mittel nicht wiederholt werden.
In Folge einer Tätigkeit an der Deutschen Forschungsanstalt für Luftfahrt (DFL) ließ sich Winkler mit seiner Frau und den zwei Töchtern 1939 in Braunschweig nieder.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges verfasste Johannes Winkler für die Britische Royal Air Force Berichte zu seinen Forschungen in der Raketentechnik.
Sein Einsatz für die Raketenforschung erfuhr international dadurch eine Würdigung, dass im Jahre 1970 ein Krater auf der erdabgewandten Seite des Mondes nach ihm benannt wurde. Auch die „International Space Hall of Fame“ in Alamogordo /  New Mexico ehrte Johannes Winkler im Jahre 1976 durch eine Aufnahme in ihre Reihen.
Für die Förderung der Tafelrealisierung im Stadtraum danken die Projektpartner dem Stadtbezirksrat Wabe-Schunter, der Arbeitsgemeinschaft Querumer Vereine und Körperschaften sowie dem Arbeitskreis Braunschweiger Luftfahrtgeschichte

Das ehemalige Wohnhaus der Familie Winkler mit einer Ehrentafel in Braunschweig
Quelle des Fotos: Autor

B) Die Ausstellung über die Raketen von Johannes Winkler im Deutschen Museum München 1996

Rudolf Guder berichtet über die Entstehung der Raketen-Ausstellung wie folgt 1

Die Modelle HW 1 und HW 2 wurden zeitweise auch im Hermann-Oberth-Museum in Feucht ausgestellt.

Quelle: Privatarchiv Dr. Guder

C) Die Dauerausstellung Johannes Winkler in Peenemünde
D) Die Würdigungen von Johannes Winkler in Dessau-Roßlau seit 1981

Die geänderte politische Lage in der DDR ermöglichte seit 1981 eine stärkere Zuwendung zu herausragenden Persönlichkeiten in Wissenschaft und Technik seit den 1930er Jahren.
Der Winkler-Stein am Startplatz der HW 1 aufgestellt 1981 – hier mit Enkelsohn Dr. Guder und Frau sowie Urenkel Claudio Krentel 2015

Ein erstes Kolloquium zu Johannes Winkler hat 1982 in Dessau stattgefunden, doch liegen dazu bisher keine weiteren Unterlagen vor. Eine weitere Aktivität war die Enthüllung einer Ehrentafel am ehemaligen Wohn haus der Familie Winkler in der Brunnenstraße 70.

Das Wohnhaus der Familie Winkler in Dessau-Ziebigk 1930 – 1939 mit der Ehrentafel 1982

Die kurze Rede bei der Enthüllung der Ehrentafel hielt Alfred Krüger.

Ein erster Höhepunkt war das Kolloquium zum 125. Geburtstag von Professor Hugo Junkers am 3.2.1984 im Bauhaus Dessau mit einer ausführlichen Würdigung von Johannes Winkler

Aus obigem Anlass fand 1984 im Bauhaus Dessau das erste Kolloquium statt, das vor allem dem Wirken von Prof. Hugo Junkers gewidmet war. Darin eingeordnet war ein Vortrag von Helmut Erfurth, den er zusammen mit Dr. Harald Kunze von der Friedrich-Schiller -Universität Jena vorbereitet hatte. Dieser Vortrag ist Bestandteil einer Broschüre, die von der Urania Dessau besorgt worden war.
Generell kann dazu festgestellt werden, dass dieser Vortrag heute noch lesenswert ist, da er das damalige Wissen über das technische Erbe Johannes Winkler richtig wiederspiegelt.
Neue Details sind vor allem bekannt geworden durch die Auswertung der Biografie von Rudolf Guder, die Versuchsprotokolle der Forschungsanstalt Prof. Junkers 1929/1931 und den Briefwechsel Johannes Winkler/Hugo A. Hückel, um einige Beispiele zu nennen. Gegenüber dem alten Text ist vor allem hervorzuheben, dass bereits 1914 in der Versuchsanstalt Prof Junkers in Aachen Versuche mit Pulverraketen für das Kaiserliche Kriegsministerium vorgenommen worden sind. Zweitens ist die Ergänzung wichtig, dass sich auch Johannes Winkler in der Zeitschrift „Die Rakete“ mit der Gasturbine auseinandergesetzt hat. Interessant sind die Ausführungen über die „Geheime Kommandosache“ aus dem Jahr 1943, in der auf Details der Versuche in der Forschungsanstalt hingewiesen wird.

1987 soll lt. der „Mitteldeutschen Zeitung“ vom 29.5.1997 ein weiteres Kolloquium stattgefunden haben, worüber bisher außer den Ersttagsbriefen keine Unterlagen vorliegen.

Der 100. Geburtstag von Johannes Winkler 1997 wurde durch den Besuch der beider Kinder von Johannes Winkler ein weiterer Höhepunkt.

Die Winkler-Töchter Elisabeth Guder (rechts) und Dietlinde Zill vor dem ehemaligen Wohnhaus in der Brunnenstraße 70 im Jahr 1997.

Quelle: MZ-Foto: Hans-Peter Berth

Im Mittelpunkt stand 1997 aber das 3. Kolloquium zur Raumfahrtforschung, über das in der „Mitteldeutschen Zeitung“ ausführlich berichtet wurde. Das Kolloquium wurde vom Heimatbund durchgeführt und von der Daimler-Benz Aerospace AG München sowie vom Förderverein Technikmuseum „Hugo Junkers“ unterstützt. Vertreter der Deutschen Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt war Karlheinz Rohrwild. Er würdigte die Arbeit der Freizeithistoriker, kritisierte aber auch gleichzeitig die Geschichtsforschung der Raumfahrt in Deutschland.2 Frau Guder sprach über die technischen Leistungen ihres Vaters, ging aber auch auf seine Gedanken zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ein. Erstmals wurden dabei in Dessau die Filmsequenzen vom ersten Start der HW 1 vorgeführt.

Aus dem Jahr 2001 ist bekannt, dass im Technikmuseum „Hugo Junkers“ eine Fotoschau übergeben wurde, die dort auch heute noch zu sehen ist.

Aus der MZ vom 10.12.2007 erfahren wir, dass 2007 das 5. Kolloquium zur Raumfahrtforschung stattgefunden hat. Helmuth Erfurth schilderte in seinem Vortrag die teilweisen abenteuerlichen Bedingungen mit den Tests in Wohngebieten und dem Transport der HW 1 mit dem Taxi. Träger der Veranstaltung war der Förderverein des Technikmuseums. Der damalige Vereinsvorsitzende Peter Kuras erklärte damals: „Wir betreiben keine Grabpflege, sondern hoffen, einen Beitrag für die Zukunft zu leisten.“ Das gilt auch heute noch so!

F) Einige Postalien anlässlich der Kolloquien in Dessau

Der Winkler-Stein am Startplatz der HW 1 wurde 2011 vom Kultur- und Heimatverein Kleinkühnau e. V. aufgestellt. Er wurde 2015 von Enkelsohn Dr. Guder und Frau sowie Urenkel Claudio Krentel besucht.

Nach einer Pause von 8 Jahren wurde 2015 mit der Eröffnung einer neuen Dauerausstellung im Technikmuseum „Hugo Junkers“ ein neuer Anfang gefunden.

Nachfolgend erfolgte die Herstellung der äußeren Form und der inneren Struktur der HW 2 durch Roland Bissot, Siegfrid Röder und Wilfried Mühlisch 2015/16.

Doch neben dem Aufbau der neuen Dauerausstellung setzte eine intensive Forschungsarbeit ein, die dem Ziel dienste, die dort als Prioritätsleistungen bezeichnete Beiträge von Johannes Winkler zur Raketentheorie mit Dokumenten, Zeichnungen und Fotos zu belegen. Diese Arbeit, deren Zwischenergebnisse in Dessau, Berlin und Feucht, aber auch auf dem Internationalen Kongress in Bremen vorgetragen wurden, sind vorläufig abgeschlossen und sind demnächst in einer dreibändigen Studie nachzulesen, die die meisten der früher vorgetragenen Aktivitäten nicht nur bestätigen, sondern beweisen und im Band 3 seine wissenschaftlichen Beiträge zur Raketentheorie herausarbeiten.
Martin Stolzenau schrieb am 27.12.1917 in der MZ einen längeren Artikel über Johannes Winkler mit dem Titel „Vom Träumer zum Pionier“ und nimmt dabei das Buch von Heinz Gartmann „Träumer-Forscher-Konstrukteur“. Er wiederholt darin die längst bekannten Tatsachen aus dem Leben von Winkler, Hugo Junkers und Hugo A. Hückel. Auch Stolzenau erkannte nicht die wissenschaftlichen Beiträge von Johannes Winkler zur Raketentheorie.-
Abschließend soll an dieser Stelle Alfred Krüger gedankt werden, der mit seiner Sammlung zu dieser Zusammenstellung wesentlich beigetragen hat.

E) Der Raketenflugplatz Berlin – „Daedalus“

Dipl.-Ing. Klaus Schlingmann hat 2016 begonnen, einen originalgetreuen Nachbau der HW 2 zu erstellen. In der Erläuterung der dabei erstellten Fotos verweist er darauf, dass vermutlich die undichten Ventile die Hauptursache für den misslungenen Startversuch im Oktober 1932 gewesen sind. Das bestätigt auch der Briefwechsel Winkler/Hückel. Über weitere Ursachen wird im Band 2 des Buches (on Demand) berichtet.
Uwe W. Jack verweist anschließend auf die ungenügende Versuchskultur von Johannes Winkler, die sich in nur 2 Versuchen auf dem Raketenflugplatz Tegel äußere. Dabei erweckt er wie Rolf Engel den Eindruck, dass Winkler generell kaum Versuche durchführte. Dem widersprechen jedoch die Versuchsprotokolle der Forschungsanstalt Prof. Junkers 1929/1931.

Anmerkungen

1.Guder, Rudolf; Astris…“ Seite 274
2. Die DGLR veröffentlichte 1981 den wissenschaftlichen Beitrag von Johannes Winkler „Zusammengesetzte Rakete“ und 1989 das unvollendete Manuskript „Der Strahlmotor“ in der Fassung 1932.

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